Entwickelt wurde RSS 1999 von Netscape, in einer Zeit, als das Web noch wild, frei, ungezogen und unangepasst war. Die Leute teilten illegal Dateien via Napster, und man hatte das Gefühl, es gäbe jetzt einen freien und unkontrollierbaren virtuellen Raum, in dem du alles machen kannst, was in der realen Welt nicht geht. Wir sollten eines Besseren belehrt werden. Es gab keine Smartphones, Social Media war noch nicht relevant und es gab keine Cloud.
Richtig durchgesetzt hat sich RSS dann um 2005. In diesem Jahr startete ich auch meine Selbstständigkeit und war ein fleißiger Nutzer von RSS. Es gab RSS-Verzeichnisse, in denen man seinen Blog eintragen und so auf neue Abonnenten hoffen konnte. Einige dieser Verzeichnisse gibt es immer noch.
Mit dem Aufstieg von Social-Media-Plattformen, allen voran Facebook, änderten sich die Konsumgewohnheiten der Internetnutzer. Ich kann mich noch an die Anfangszeit von Facebook erinnern; da ging es tatsächlich noch um echte soziale Beziehungen. Die geteilten Informationen waren hauptsächlich private Fotos, Informationen darüber, was man gerade macht und auf welcher Reise man sich befindet, und schnell merkte man auch, dass es immer mehr um Profilierung ging.
Zunehmend wurden auch News und andere Informationen geteilt. Die Plattformen merkten dies natürlich und passten die Algorithmen nach und nach an. Plötzlich entschied die Plattform, was für den Benutzer wichtig war und was nicht. Der Grund dafür war, den Nutzer länger auf der Plattform zu halten. Die chronologische Anordnung wurde immer mehr verwässert und immer weiter versteckt. Stattdessen wurde der Algorithmus immer mehr auf Clickbait getrimmt. Wenn mal nichts veröffentlicht wurde, wurde halt etwas Altes eingespielt – jedenfalls war immer etwas los, wodurch selbst zusammengestellte RSS-Newsfeeds eher unattraktiv wurden.
Trotz dieser (wie ich finde) Nachteile nutzen die meisten Internetnutzer heute soziale Plattformen für den Konsum ihrer News. Dass sie dabei manipulativ Informationen vorgesetzt bekommen, ist vielen Nutzern wahrscheinlich nicht einmal bewusst oder es ist ihnen egal.
Mitte 2013 stellte Google den allseits beliebten Reader ein. Die Aufregung war groß. Man muss wissen, dass Google sich zu dieser Zeit bereits mit AMP (Accelerated Mobile Pages) beschäftigt hat und sicher kein Interesse mehr an RSS hatte. Langsam verschwanden auch überall die RSS-Feeds von den Google-Seiten und waren nur noch über Hacks aufrufbar.
Diese Entscheidung und die weite Verbreitung von Social Media haben die Verbreitung von RSS wirklich erodiert.
Es gibt immer noch eine verschworene Nutzerschaft, die von RSS nicht abrückt – ich bin einer von ihnen. Mir kommt sogar vor, dass in letzter Zeit das Interesse an RSS-Feeds wieder gestiegen ist. Möglicherweise hängt das auch mit der zunehmenden Einflussnahme der Regierungen und deren Zensurbestrebungen in sozialen Netzwerken zusammen.
Mit RSS gibt es keine Zensur und keine Algorithmen. Niemand bestimmt deinen Newsfeed, außer du selbst und die Zeit. Und das gefällt mir. Deshalb habe ich jetzt für meinen bescheidenen Blog hier auch wieder einen RSS-Feed eingerichtet. Und jede Kundenwebsite, die einen Newsbereich unterhält, bekommt ab jetzt kostenlos ebenfalls einen RSS-Feed eingerichtet.
Feeder - eine richtig gute Open Source RSS Reader App für Android
NetNewsWire - ein freier und offener RSS Client für iOS und für den Mac
Newsflash - Netter Newsreader für Linux
RSSHub - Interessantes RSS Netzwerk und Plattform um weitere Inhalte als RSS Feeds zu abonnieren, wie z.B. YouTube Kanäle
RSSHub Radar - Die dazugehörige Browser Erweiterung welches das Finden und Abonnieren von RSS Feeds erheblich erleichtert
RSS Verzeichnis - Futter für Deinen RSS-Reader